Von der Verfassungsdiskussion, die nie enden will

In seinem Abschiedsinterview im Liechtensteiner Volksblatt vom 30. März 2006 sagt der scheidende FBP-Präsident Johannes Matt: „Und als äusserst wichtig betrachte ich auch, dass es uns gelungen ist, in der Verfassungsfrage die Blockade zu lösen und in der Volksabstimmung eine klare Entscheidung herbeizuführen.“ An diesem Satz ist vieles falsch, und unberechtigt ist insbesondere das Eigenlob, das sich darin äussert.

Hätten die Regierung und der Landtag das von der Verfassung vorgeschriebene Gesetzgebungsverfahren beachtet, würde das Land Liechtenstein noch heute unter einem Grundgesetz leben, das sich während gut 80 Jahren bewährt hat. Die Gründungsväter der Verfassung von 1921 haben nämlich mit Bedacht vorgeschrieben, dass eine Verfassungsänderung, die „von oben“ initiiert werden soll, vom Fürsten, von der Regierung oder vom Landtag, zunächst die hohe Klippe einer Zustimmung von 75% der anwesenden Landtagsabgeordneten nehmen muss, und zwar in zwei aufeinander folgenden Landtagssitzungen. Erst dann darf die Vorlage dem Volk zur Abstimmung und Entscheidung „vorbehältlich Sanktionsverweigerung durch den Fürsten“ vorgelegt werden. Das gilt erst recht, wenn wie im Fall der fürstlichen Verfassungsvorlage eine Vielzahl von wichtigen Bestimmungen geändert werden soll. Da der erforderliche Konsens bekanntlich nicht zustande kam, wurde die ganze Vorlage als Volksinitiative des Fürsten „von unten“ lanciert. Weder die Regierung, noch die Landtagsmehrheit, noch die mit dieser Frage befassten Gerichte schien es zu kümmern, dass damit die von den Gründungsvätern der Verfassung gewollte Bestimmung in ihrem Wortlaut wie auch nach ihrem Sinn und Geist ausgehebelt wurde.

Für Zufriedenheit besteht also kein Grund. Dies auch umso weniger, als die Zustimmung des Volkes trotz Wegzugsdrohungen des Fürstenhauses mit einer Quote von 64% alles andere als hoch ausfiel und viel geringer war als die Verfassung dem Landtag für eine Verfassungsänderung vorschreibt. Bedenklich ist vor allem, welche negativen Folgen der fehlende breite Konsens für die neue Verfassung bis heute hat. Von einer innerlich gefestigten Nation sind wir weit entfernt, wie einmal mehr die äusserst gehässigen Leserbriefe im vergangenen Monat gezeigt haben.

Verein zur Stärkung der Volksrechte