Jahresversammlung des Vereins zur Stärkung der Volksrechte

Am Dienstag, 13. Juni 2006, hat der Verein zur Stärkung der Volksrechte seine dritte ordentliche Mitgliederversammlung im Restaurant Adler in Vaduz durchgeführt. Die Präsidentin Cornelia Batliner konnte zahlreiche Mitglieder und Gäste zur Jahresversammlung begrüssen. Das vergangene Vereinsjahr stand ganz im Zeichen der Teilnahme der liechtensteinischen Demokratiebewegung am Dialog zwischen dem Europarat und dem Landtag über die neue Verfassung. Der Dialog führte vor kurzem zu einem vom Europarat verfassten öffentlichen Schlussbericht, und dieser wurde an der Mitgliederversammlung vorgestellt und ausführlich diskutiert.

Dialog abgeschlossen – Schlussbericht verabschiedet

Der Ad-hoc-Ausschuss des Europarats hat den Dialog aufgrund eines eingeschränkten Mandats geführt. Gegenstand des Dialogs waren nicht die neuen Verfassungsnormen oder die Art und Weise ihres Zustandekommens, sondern die verfassungsmässige und politische Praxis seit dem Inkrafttreten der neuen Verfassung im Sommer 2003. Umso bemerkenswerter – weil „nur“ die Praxis zu beurteilen war – sind die Schlussfolgerungen des Berichts. Demgemäss hat im Fürstentum Liechtenstein eine Verschiebung der Machtverhältnisse zwischen dem Fürsten und dem Volk (gesamthaft verstanden als Regierung, Landtag, Medien und Zivilgesellschaft) stattgefunden. Als Resultat dieser Machtverschiebung hat die Macht des Fürsten zugenommen. Die Entwicklung in den konstitutionellen Monarchien der Mitgliedstaaten des Europarats seit dem 19. Jahrhundert geht dahin, die politischen Befugnisse des konstitutionellen Monarchen einzuschränken und diejenigen der vom Volk gewählten Vertreter auszuweiten. Die Entwicklung in Liechtenstein aufgrund der Verfassungsänderungen von 2003 geht in die entgegen gesetzte Richtung. Der Dialog ist nunmehr zwar abgeschlossen, der Europarat behält sich jedoch vor, die weitere Entwicklung genau im Auge zu behalten, wie er dies am Beispiel der weiteren Entwicklung nach der Volksabstimmung zur „Recht auf Leben“–Initiative ausdrücklich festhält. Dieser Standpunkt des Europarats ist für die Ausübung der Befugnisse des Fürsten gestützt auf die neue Verfassung und dessen Beeinflussung der öffentlichen Meinungsbildung von einiger Bedeutung.

Der Landtag schweigt

Der Schlussbericht kritisiert mit überraschend deutlichen Worten den Weg, den das Fürstentum Liechtenstein mit seiner neuen Verfassung eingeschlagen hat. Indem der Europarat eine Machtverschiebung vom Volk zum Fürsten konstatiert, kritisiert er zudem indirekt die gewählten Vertreter des Volkes, nämlich den Landtag und die Regierung, die mit ihrer Unterstützung der fürstlichen Volksinitiative in den Jahren 2002 und 2003 den Weg für diese Ausweitung der fürstlichen Befugnisse geebnet haben. Von daher erstaunt es nicht, dass von der für den Dialog verantwortlichen Landtagskommission unter Führung des Landtagspräsidenten und des Landtagsvizepräsidenten bisher kein Kommentar zum Schlussbericht zu hören war. Das offizielle Liechtenstein hüllt sich in Schweigen und spielt den Schlussbericht zum „Non-Event“ herunter, der möglichst von keiner politischen Bedeutung sein soll. Auch die Presse hat bis auf eine Ausnahme ihre Berichterstattungspflicht nicht wahrgenommen.

Zum respektlosen Stil im Umgang mit Andersdenkenden

Die Mitgliederversammlung des Vereins hatte sich des weiteren mit der Neuwahl eines Vorstandsmitglieds zu beschäftigen, nachdem Michael Ferster seinen Rücktritt als Vorstandsmitglied und seinen Rückzug aus der Verfassungsdiskussion angekündigt hatte. Mit viel Applaus wurde Edith Hilbe aus Vaduz in den Vorstand gewählt. Zum neuen Vizepräsidenten wählte die Versammlung Tobias Wille aus Balzers, dessen Wahl ebenfalls mit viel Applaus bedacht wurde. Zu den Gründen seines Rückzugs erklärte das scheidende Vorstandsmitglied, dass der fehlende Respekt, mit welchem man im Lande die in einer Sache anders Denkenden behandle, für ihn unerträglich geworden sei. Eine sachliche Auseinandersetzung sei in vielen Bereichen, nicht nur in Sachen der Verfassung, nicht mehr möglich. Das habe er Ende Februar am eigenen Leib erfahren, als die Presse gegen seine Familie einen massiven ehrverletzenden Angriff lanciert habe. Daher ziehe er sich nach Abschluss seiner Arbeiten jetzt zurück. Die Mitgliederversammlung dankte Michael Ferster herzlich für seinen Einsatz, und die Präsidentin schloss die Versammlung pünktlich um 21.00 Uhr.

Verein zur Stärkung der Volksrechte
www.volksrechte.li