Dialog mit dem Europarat

Liechtenstein befindet sich spätestens seit der Annahme der fürstlichen Verfassungsänderungen in der Volksabstimmung vom März 2003 im Dialog mit dem Europarat. Besorgte Bürgerinnen und Bürger befürchteten schon vor der Abstimmung, dass die fürstlichen Verfassungsvorschläge nicht nur einen massiven Machtverlust des Volkes mit sich bringen, sondern auch den Demokratiestandards des Europarates zuwiderlaufen würden. Diese wurden in ausführlichen Rechtsgutachten, nicht nur von inländischen Fachleuten, sondern auch von namhaften ausländischen bestätigt. Angesichts dieser Bedenken bemühten sich diese Personen schon vor der Verfassungsabstimmung um eine Begutachtung der vom Fürsten vorgeschlagenen Verfassungsänderungen durch den Europarat. Leider verhinderte massives politisches Lobbying eine solche.

Um Hand zu einer Lösung zu bieten, hat sich der Europarat für einen Dialog mit Liechtenstein entschlossen, in welchem die Praxis aufgrund der neuen Verfassung untersucht werden soll. Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Dialog nur dann Sinn macht, wenn alle Meinungen gehört werden und das Ergebnis offen ist. Deshalb ist es selbstverständlich und erklärter Wunsch des Europarates, dass auch eine Delegation der Demokratiebewegung am Dialog teilnimmt. Da Liechtenstein das Untersuchungsobjekt ist – schliesslich hat sich Liechtenstein durch seine Mitgliedschaft im Europarat dessen Standards zum Ziel gemacht – müssen die Modalitäten vom Europarat und nicht von liechtensteinischen Politikern bestimmt werden. Es kann auch nicht sein, dass das Ergebnis des Dialogs im Einvernehmen mit Liechtenstein formuliert wird. Sinn und Zweck der Schlussfolgerungen des Europarates liegen ja nicht zuletzt auch darin, Liechtenstein klar mitzuteilen, ob die neue Verfassungspraxis europaratskonform ist oder nicht und wenn nicht, Hinweise zu geben, wie es seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen wieder nachkommen kann.

Die liechtensteinische Demokratiebewegung befürchtet, wegen der geänderten Verfassung nicht nur eine für das Allgemeinwohl schädliche politische Entwicklung, sondern sorgt sich auch um das Ansehen Liechtensteins im Ausland. Die Schwierigkeiten der letzten Jahre auf dem Finanzdienstleistungssektor haben gezeigt, wie sehr Liechtenstein mit der internationalen Staatengemeinschaft verbunden ist. Auch angesichts der Grössenverhältnisse empfiehlt es sich, mit dem übrigen Europa zu kooperieren. Die liechtensteinische Demokratiebewegung sieht deshalb als eine ihrer wichtigsten Aufgaben, am Dialog mit dem Europarat teilzunehmen und wird dies auch in der einen oder anderen Form tun.

Arbeitskreis Demokratie und Monarchie, Demokratie-Sekretariat, Frauen in guter Verfassung, Gruppe Wilhelm Beck, Verein zur Stärkung der Volksrechte
Liechtensteiner Vaterland vom 11. 1. 2005