Das absolute Vetorecht – das Volk hat das vorletzte Wort

Gemäss Artikel 65 der Verfassung muss der Fürst jedem Gesetz ausdrücklich zustimmen. Dazu heisst es:  «Erfolgt die Sanktion des Landesfürsten nicht innerhalb von sechs Monaten, dann gilt sie als verweigert.» Es ist nicht relevant, wenn das Volk über 90% einer Gesetzesinitiative zustimmt. Das letzte Schweigen (Wort) hat der Fürst.

Dieses Sanktionsrecht widerspricht allen Demokratieregeln. In anderen Ländern gibt es das Sanktionsrecht auch, jedoch, wie Prof. Zoltàn Tibor Pàllinger anl. eines Vortrags vom 1.12.2003 ausführte, handelt es sich dabei lediglich um ein formales Recht. Das geltende Sanktionsrecht wiederum unterscheidet sich von jenem von 1921 zudem darin, dass der Fürst nach altem Recht, wenigstens „Nein“ sagen musste.

Das geltende Sanktionsrecht führt im Extremfall zu vorauseilendem Gehorsam; d.h. der Landtag wird Gesetzesinitiativen, die ihm zu heiss sind, sofort zur Volksabstimmung frei geben und was noch schlimmer wäre: das Volk handelt ebenso in vorauseilendem Gehorsam und lehnt „heisse“ Eisen schon deshalb ab, weil man dem Fürsten und dem politischen System keine Probleme bereiten will.

Diesen vorauseilenden Gehorsam beschreiben Batliner, Kley und Wille in ihrem Memorandum zur Frage der Vereinbarkeit des Entwurfes zur Abänderung der Verfassung des Fürstentums Liechtenstein folgendermassen:

Das absolute Vetorecht verleiht dem Fürsten, der keiner periodischen Wahl durch das Volk unterliegt, die Stellung eines nichtdemokratischen Mitgesetzgebers, ohne dessen Mitwirkung kein Gesetz beschlossen werden kann. […] Die Praxis hat gezeigt, dass das absolute Vetorecht es dem Fürsten insbesondere auch ermöglicht, schon präventiv Gesetze zu verhindern(z.B. Beamtengesetz, Schulgesetz) oder die Gesetzgebung zu lenken oder zu steuern (z.B. Informationsgesetz). Um ein mögliches Veto zu vermeiden, sind Landtag und Regierung faktisch gezwungen, von vornherein in allen Phasen des Gesetzgebungsverfahrens den Vorgaben des Landesfürsten Rechnung zu tragen.

Wir sollten uns bewusst sein, dass zwar auch der Fürst die Volksrechte „hoch hält“, aber in der Realität des Volkes Stimme an seinem Schweigen scheitern kann.