Keine Angst vor der Unterschrift

Bürgerinnen und Bürger, die in Liechtenstein ihre politischen Rechte wahrnehmen, können sich darauf verlassen, dass niemand erfährt, wer sich mit seiner Unterschrift für das Zustandekommen einer Volksinitiative ausspricht. Nachteile muss niemand befürchten. Das garantieren die Gemeindevorsteher und die Regierungskanzlei.

Die direkte Demokratie ist kein Sonntagsspaziergang. Wer in politischen Fragen das letzte und entscheidende Wort dem Volk überlässt, muss als Regierender damit rechnen, von den eigenen Bürgerinnen und Bürgern zurückgepfiffen zu
werden. Aber in einer Demokratie geht es nicht um Sieg oder Niederlage, sondern um das Abwägen von Pro und Contra eines politischen Standpunktes. Das Funktionieren dieses politischen Kräftespiels ist aber nur dann möglich, hat der ehemalige Schweizer Bundeserat Willi Ritschard einmal gesagt, wenn «jeder Bürger seine Meinung frei und ungehindert und ohne Nachteile gewärtigen zu müssen, ausdrücken kann».

Vorsteher: «Diskretion oberstes Gebot»

Liechtenstein ist ein Land mit grosser Erfahrung in der Ausübung der direkten Demokratie. Die Verfassung gibt dem Volk die Kompetenz, mit einer Anzahl Unterschriften eine Initiative oder ein Referendum einzureichen. Wie frei können nun aber die stimmberechtigten Liechtensteiner Frauen und Männer ihre politischen Rechte wahrnehmen? Haben sie mit persönlichen oder wirtschaftlichen Nachteilen zu rechnen, wenn sie als Staatsbürger für ein Anliegen eintreten?

Unterschriften absolut vertraulich

Die Antwort ist ganz klar: Nein. Niemand riskiert Kopf und Kragen, wenn er oder sie sich mit der Unterschrift für eine Volksinitiative einsetzt. «Bei uns ist Diskretion oberstes Gebot», sagt ein Gemeindevorsteher aus dem Unterland. Werden in seiner Amtsstube von einem Komitee Unterschriftenbögen zur Beglaubigung eingereicht, hätten einzig er als Vorsteher und der Kanzleiverwalter Einblick in die Listen – und beide sind von Amtes wegen zur Verschwiegenheit verpflichtet. Das bestätigen auch die Gemeindevorsteher in anderen Gemeinden. Und ganz wichtig: Kopien der Unterschriftenbögen werden keine erstellt. Dadurch hat der Bürger hat die Gewissheit, dass er bei der Ausübung eines demokratischen Grundrechtes nicht von jemandem beobachtet wird.

Auch die Initianten von Volksinitiativen sind zur Diskretion verpflichtet und dürfen nicht öffentlich machen, wer sich mit seiner Unterschrift dafür einsetzt, dass ein Begehren dem Volk zur Abstimmung vorgelegt wird.

m Landesarchiv 80 Jahre unter Verschluss

Nach der Kontrolle in der Gemeinde gelangen die Listen mit den Unterschriften an die Regierungskanzlei. Hier werden die Bögen stichprobenweise vom Leiter der Regierungskanzlei und dem zuständigen Regierungsrat (Ressort Inneres) auf mögliche Unregelmässigkeiten geprüft und sicher verwahrt. Sobald der Landtag die Initiative behandelt
hat, werden die Unterschriftenbögen im Landesarchiv abgelegt. Dort sind sie 80 Jahre lang für jeden Zugriff gesperrt und für niemanden zugänglich.


Streng geschützte Unterschriften

Die Schweiz hat viel Erfahrung mit dem Sammeln von Unterschriften. «Daten, die Personen angeben, wenn sie eine Initiative, ein Referendum oder eine Petition unterschreiben, sind besonders schützenswert», sagt der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür. Sollen diese Daten für weitere Zwecke verwendet werden, bedürfen sie der Information und Einwilligung der betroffenen Person. Streng geschützt sind die Unterschriften auch in den Verwaltungen der Gemeinden, der Kantone und des Bundes. Überall dort, wo die Initiativbögen zur Kontrolle vorgelegt werden müssen, unterliegen sie den jeweiligen Datenschutzbestimmungen (so wie in Liechtenstein auch). Und die schreiben klar vor, dass die Unterschriften nicht an unberechtigte Personen ausgehändigt werden dürfen.