Im Widerspruch zur Demokratie

Das Veto als Instrument der Regierenden ist in der Politik nicht unbekannt – aber höchst umstritten, da es im Widerspruch zur Demokratie steht. Der US-Präsident zum Beispiel kann mit dem Veto Beschlüsse des Parlaments aufheben. Der Präsident kann jedoch überstimmt werden.

Das Veto, das Einlegen eines Einspruches, wird bis heute in verschiedenen Staaten und internationalen Organisationen angewendet. Der amerikanische Präsident hat die Möglichkeit, gegen Entscheide des Parlaments das Veto einzulegen, das vom Kongress allerdings mit Zweidrittelsmehr zurückgewiesen werden kann. Auch die Uno kennt das umstrittene Instrument des Vetos. Hier können mächtige Mitglieder des Uno-Sicherheitsrates (USA, Russland, China) breit abgestützte Resolutionen mit ihrem Veto hinfällig machen. Ein in der westlichen Welt einzigartiges Sanktionsrecht kennt Liechtenstein. Hier besitzt das Staatsoberhaupt ein absolutes Vetorecht und kann sogar Entscheide, die von einer Mehrheit des Volkes gefällt worden sind, für ungültig erklären. Jede noch so kleine Gesetzesänderung bedarf der Sanktion des Fürsten, sonst kann sie nicht in Kraft treten. Konkret heisst das: Bei der Ausgestaltung des politischen Lebens in Liechtenstein haben alle 19’000 Stimmberechtigten zusammen weniger zu sagen als das Staatsoberhaupt.

Drei Vorab-Vetos in den letzten sechs Monaten

Auffallend ist, dass allein im letzten halben Jahr das Fürstenhaus dreimal sein Veto gegen angekündigte oder eingereichte Volksinitiativen respektive einen Landtagsvorstoss deponiert hat. «Demokratische Initiativen werden so unterlaufen, machen sie allenfalls sinnlos und lähmen den demokratischen Prozess», sagt ein Verfassungsrechtler, der sich mit dem Liechtensteiner Gesetzgebungsprozess intensiv auseinandergesetzt hat.

Keine populistischen Initiativen dank Vorprüfung

«Liechtenstein braucht zum Schutz seiner Minderheiten kein fürstliches Vetorecht», erklärt ein Staatsrechtler. Dafür hat der Gesetzgeber vorgesorgt. Wer in Liechtenstein eine Volksinitiative starten möchte, muss diese vorher von der Regierung prüfen und vom Landtag absegnen lassen. Die Regierung schaut bei dieser Vorprüfung darauf, ob die eingereichte Volksinitiative im Widerspruch zur Landesverfassung, zur Europäischen Menschenrechtskonvention oder dem EWR-Vertrag steht. Wäre dies der Fall, würde der Landtag die Initiative für ungültig erklären noch bevor die Unterschriftensammlung startet. Von daher ist der von Fürst und Erbprinz geforderte Schutz der Minderheiten vor einer populistischen Mehrheit stets gewährleistet.

Erbprinz Alois: Das mündige Volk von Liechtenstein

Die vorgeschlagene Änderung des Vetorechts hat allein die Stärkung der direkten Demokratie zum Ziel und wird deshalb zur Unterschriftensammlung zugelassen werden. Das mündige Volk soll künftig an der Urne unbeeinflusst entscheiden und davon ausgehen können, dass der Entscheid der Bürgerinnen und Bürger in die Tat umgesetzt wird. Das deckt sich mit der Aussage von Erbprinz Alois, die im Volksblatt vom 4. April 2000 folgendermassen wiedergegeben wurde: «Der Erbprinz erklärte, dass sie [das Fürstenhaus] sehr wohl die Stimme eines mündigen Volkes hörten.»


Veto macht Urnengang überflüssig

Liechtenstein gilt in Sachen Stimmbeteiligung europaweit als Musterland. Das heisst, den Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ist es sehr wichtig, sich an der politischen Diskussion zu beteiligen. Im Gegensatz zur Schweiz gehen hier deutlich mehr Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an die Urne. Egal, um welches politische Geschäft es sich handelt. Erklärt der Fürst allerdings bereits vor einer Abstimmung, dass er sein Veto einlegen werde, sinkt die Stimmbeteiligung markant und der Urnengang wird überflüssig, wie die Abstimmung im Herbst 2011 zeigte.